Auswärtiges Amt als Sturmspitze im Kampf gegen unliebsame Journalisten und deren Berichterstattung

Auswärtiges Amt als Sturmspitze im Kampf gegen unliebsame Journalisten und deren Berichterstattung

Auswärtiges Amt als Sturmspitze im Kampf gegen unliebsame Journalisten und deren Berichterstattung

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Ende Mai hatte die EU, initiiert von der Bundesregierung, den Chefredakteur des Portals Red Media, Hüseyin Doğru, mit Verweis auf dessen Berichterstattung zu Pro-Palästina-Protesten in Deutschland vollumfänglich sanktioniert. In Folge der Sanktionen stellte ab 1. Juli sogar die Krankenkasse die Leistungen für seine Familie zwischenzeitlich ein, obwohl die Ehefrau sich im 7. Monat einer Risikoschwangerschaft befindet. Auf der aktuellen BPK am 2. Juli ging das Auswärtige Amt proaktiv mit unbelegten Behauptungen erneut gegen das Medium und den Chefredakteur vor. Die NachDenkSeiten wollten in diesem Zusammenhang unter anderem wissen, auf welcher rechtlichen Grundlage die EU so massiv in die Grundrechte eines deutschen Staatsbürgers und Journalisten eingreifen kann. Die Antworten und auch die (Nicht-)Reaktion der anwesenden Kollegen bezeugen wohl einen neuen Tiefpunkt in der Geschichte der BPK. Von Florian Warweg.

Hintergrund

In einem eher als ungewöhnlich zu bezeichnenden Schritt wandte sich der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Giese, gleich nach Vorstellung der Kabinettsthemen in der Regierungspressekonferenz am 2. Juli proaktiv mit den folgenden Worten an die dort anwesenden Journalisten:

„Die Bundesregierung beobachtet schon seit mehreren Monaten die Aktivitäten der Medienplattform „red.“, die von einer in der Türkei registrierten Firma betrieben wird. „red.“ stellt sich als revolutionäre Plattform unabhängiger Journalistinnen und Journalisten dar. Es bestehen aber enge Verflechtungen mit dem russischen Staatsmedium „RT“.

Wir können heute verbindlich sagen, dass „red.“ von Russland gezielt zur Informationsmanipulation eingesetzt wird. Dies konnten wir im Rahmen eines nationalen Attribuierungsverfahrens feststellen. Grundlage dafür ist eine umfassende Analyse der deutschen Sicherheitsbehörden.

Das Ziel solcher Kampagnen ist klar: Russland nutzt Plattformen wie „red.“, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland und Europa zu schwächen, indem Debatten manipuliert und durch Falschinformationen künstlich angeheizt werden, indem Misstrauen in Fakten, in Medien und in demokratische Strukturen geschürt wird und indem staatliche Strukturen diskreditiert oder als nicht handlungsfähig dargestellt werden.

Gemeinsam mit unseren EU-Partnern haben wir die Hintermänner von „red.“ mit Sanktionen belegt. Das bedeutet zum Beispiel konkret, dass Vermögenswerte innerhalb der EU eingefroren werden und je nach Einzelfall Reisebeschränkungen greifen. Wir teilen unsere Erkenntnisse auch mit internationalen Partnern, und wir stehen im Dialog mit den Betreibern von sozialen Medienplattformen, die gegen die Verbreitung von Desinformationen vorgehen müssen.

Ich möchte hier ganz klar sagen: Es gibt Konsequenzen für diejenigen, die im Auftrag Russlands oder anderer Staaten gezielt Desinformationen verbreiten und Informationen manipulieren. So wie wir gemeinsam mit unseren Partnern gegen diejenigen vorgehen, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wirtschaftlich begünstigen, so gehen wir auch gegen diejenigen vor, die im Netz systematisch Desinformationen verbreiten; denn auch das gefährdet unsere Sicherheit, und dagegen verteidigen wir uns.“

Die Darlegungen des Auswärtigen Amtes verwundern sowohl inhaltlich als auch was den Zeitpunkt betrifft. Die Sanktionierung von Red Media und des Chefredakteurs Doğru erfolgte bereits am 20. Mai im Zuge des letzten EU-Sanktionspakets gegen angeblich „destabilisierende Aktivitäten Russlands“, welches auch die derzeit in Russland lebenden deutschen Blogger und „Kriegskorrespondenten“ (so die Betitelung in der EU-Sanktionsliste) Alina Lipp und Thomas Röper wegen „Verbreitung russischer Propaganda-Narrative“ listete (die NachDenkSeiten berichteten hier zur Causa Doğru und hier zu Lipp und Röper).

Dabei führten die NDS bereits Anfang Juni aus, dass der Fall des Chefredakteurs von Red in vielen Aspekten noch gravierender und mit weitreichenderen Folgen verbunden ist als die Sanktionierung von Lipp und Röper – sowohl was dessen persönliches Schicksal angeht, er lebt mit mehreren Kindern und einer Frau mit fortgeschrittener Risikoschwangerschaft voll EU-sanktioniert (Kontosperrung, Aus- und Einreiseverbot in den EU-Raum, Anstellungsverbot) in Deutschland, als auch was die allgemeine Zukunft der Pressefreiheit in Deutschland und der gesamten EU angeht.

Denn mit dem sich selbst als links verstehenden Medienportal sowie dessen Chefredakteur sanktionierte die EU erstmals auf Grundlage des „Beschlusses (GASP) 2024/2643 über restriktive Maßnahmen angesichts der destabilisierenden Aktivitäten Russlands“ einen Journalisten nicht wegen dessen Berichterstattung zum Krieg in der Ukraine (Red hat diesbezüglich eine explizit russland-kritische Haltung), sondern weil Reds Berichterstattung über Pro-Palästina-Proteste in Deutschland angeblich „unter seinem überwiegend deutschen Zielpublikum ethnische, politische und religiöse Zwietracht“ säen und damit „die Stabilität und Sicherheit in der Union sowie mehrerer ihrer Mitgliedstaaten untergraben und bedrohen“ würde.

Der Zirkelschluss der EU-Bürokraten lautet dann, maßgeblich nach aktuellem Wissensstand initiiert vom Auswärtigen Amt, der Chefredakteur von Red würde mit Berichterstattung über angeblich gewaltsame Pro-Palästina-Proteste „Handlungen der Regierung der Russischen Föderation“ unterstützen, „indem er gewaltsame Demonstrationen indirekt unterstützt und erleichtert und koordinierte Informationsmanipulation betreibt“.

Mit dieser Art der Argumentation, Berichterstattung über der Bundesregierung nicht genehme Proteste in Deutschland würde per se „indirekt Handlungen der Regierung der Russischen Föderation“ unterstützen, ließe sich ab jetzt bei Bedarf jede Art von kritischer Berichterstattung sanktionieren und kriminalisieren.

Wieso jetzt dieser Frontalangriff des Auswärtigen Amtes gegen Red Media in der BPK?

Wie ausgeführt, erfolgte diese allein rechtlich schon höchst fragwürdige Sanktionierung am 20. Mai. Was bewegte dann aber das AA, ausgerechnet rund 40 Tage danach, am 2. Juli dieses Schauspiel in der BPK zu veranstalten?

Zum einen fällt ins Auge, dass für den heutigen 3. Juli eine gemeinsame Diskussions- und Solidaritätsveranstaltung von NachDenkSeiten, junge Welt, Hintergrund und Overton Magazin zu den von der EU sanktionierten deutschen Journalisten geplant ist, die auch breit kommuniziert wurde (der entsprechende Veranstaltungshinweis der NDS mit Hintergrundinfos findet sich hier; der Livestream der Veranstaltung ist heute ab 19 Uhr hier einsehbar).

Zum anderen haben Doğru und seine Anwälte nach eigener Darstellung am 1. Juli von der EU nach einigem Hin und Her Akteneinsicht in die nichtöffentliche Beweisführung erhalten, die mutmaßlich das Auswärtige Amt der EU-Kommission vorgelegt hat, um die Sanktionierung zu begründen. Nach allem, was man hört, scheinen diese „Beweise“ nicht sehr überzeugend zu sein und würden einer gerichtlichen Überprüfung wohl kaum standhalten.

Das Zusammenspiel aus zunehmender öffentlicher Aufmerksamkeit für den Fall und der fragwürdigen Beweisführung der Bundesregierung in Brüssel könnte wohl die überhastete und auch rhetorisch-inhaltlich eigenartig wirkende Argumentation des AA auf der BPK erklären.

Agenturjournalisten als Stichwortgeber der Bundesregierung

Sowohl angesichts der vielen rechtlichen Fragezeichen, was die Begründung und Durchsetzung der Sanktionierung des Red-Chefredakteurs und deutschen Staatsbürgers durch die EU angeht, als aber auch in Bezug auf die massiven privaten Auswirkungen auf ihn und seine Familie hätte man (naiv) denken können, dass die anwesenden Hauptstadt-Journalisten die verantwortlichen Ministeriensprecher kritisch zu der Causa befragen würden. Doch dem war, wie man sich im Wortprotokoll überzeugen kann, mitnichten so. Im Gegenteil. Die bisherige Berichterstattung im Mainstream beruht fast ausschließlich auf Übernahmen der Deutschen Presseagentur (dpa), deren Vertreter auch auf der BPK anwesend war. In der beispielsweise von ntv, Welt & Co direkt per Copy/paste-Verfahren übernommenen dpa-Agenturmeldung gibt es nicht einen einzigen kritischen oder hinterfragenden Satz, weder zu der Sanktionierung eines Journalisten-Kollegen noch zu den Ausführungen des AA, denen scheinbar blindlings geglaubt wird.

Die Verantwortlichen in den Berliner und Brüssler Behörden werden sich angesichts der ausbleibenden medialen Solidariät in ihrem eingeschlagenen Weg – Sanktionierung von nicht genehmer Berichterstattung mittels der vorgeschobenen Begründung, damit werde direkt oder indirekt das ‚Werk Moskaus‘ betrieben – bestätigt sehen. Man fühlt sich geneigt, vor diesem Hintergrund den wohlbekannten Ausspruch von Martin Niemöller zu paraphrasieren:

„(…) Als sie mich sanktionierten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 2. Juli 2025

Giese (AA)
Die Bundesregierung beobachtet schon seit mehreren Monaten die Aktivitäten der Medienplattform „red.“, die von einer in der Türkei registrierten Firma betrieben wird. „red.“ stellt sich als revolutionäre Plattform unabhängiger Journalistinnen und Journalisten dar. Es bestehen aber enge Verflechtungen mit dem russischen Staatsmedium „RT“.

Wir können heute verbindlich sagen, dass „red.“ von Russland gezielt zur Informationsmanipulation eingesetzt wird. Dies konnten wir im Rahmen eines nationalen Attribuierungsverfahrens feststellen. Grundlage dafür ist eine umfassende Analyse der deutschen Sicherheitsbehörden.

Das Ziel solcher Kampagnen ist klar: Russland nutzt Plattformen wie „red.“, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland und Europa zu schwächen, indem Debatten manipuliert und durch Falschinformationen künstlich angeheizt werden, indem Misstrauen in Fakten, in Medien und in demokratische Strukturen geschürt wird und indem staatliche Strukturen diskreditiert oder als nicht handlungsfähig dargestellt werden.

Gemeinsam mit unseren EU-Partnern haben wir die Hintermänner von „red.“ mit Sanktionen belegt. Das bedeutet zum Beispiel konkret, dass Vermögenswerte innerhalb der EU eingefroren werden und je nach Einzelfall Reisebeschränkungen greifen. Wir teilen unsere Erkenntnisse auch mit internationalen Partnern, und wir stehen im Dialog mit den Betreibern von sozialen Medienplattformen, die gegen die Verbreitung von Desinformationen vorgehen müssen.

Ich möchte hier ganz klar sagen: Es gibt Konsequenzen für diejenigen, die im Auftrag Russlands oder anderer Staaten gezielt Desinformationen verbreiten und Informationen manipulieren. So wie wir gemeinsam mit unseren Partnern gegen diejenigen vorgehen, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wirtschaftlich begünstigen, so gehen wir auch gegen diejenigen vor, die im Netz systematisch Desinformationen verbreiten; denn auch das gefährdet unsere Sicherheit, und dagegen verteidigen wir uns.

Frage Dr. Rinke (Chefreporter Reuters)
Herr Giese, vielleicht können Sie noch erläutern, wie diese Attribuierung zustande kam. Denn sehr oft ist es ja nicht möglich, die Hintergründe genau zu checken. Warum war das in diesem Fall möglich?

Giese (AA)
Das fand durch die enge Zusammenarbeit fast aller deutschen Sicherheitsbehörden statt.

Zusatzfrage Dr. Rinke
Weil Sie die Türkei erwähnten, wo anscheinend der Sitz ist: Gibt es einen Austausch mit den türkischen Behörden? Gibt es die Aufforderung an sie, dass sie auch gegen diese Plattform vorgehen?

Giese (AA)
Es gibt einen Austausch mit den türkischen Behörden.

Zusatzfrage Dr. Rinke
Aber keine Forderung, dass die Türkei irgendwie aktiv wird?

Giese (AA)
Es gibt diesen Austausch. Ich habe ja gerade schon gesagt: Es gibt diese Sanktionierung durch die Europäische Union.

Frage Warweg
Wir hatten diesen Fall ja hier schon einmal vor einem Monat, dass der Chefredakteur von „Red Media“, Hüseyin Doğru, von der EU mit entsprechenden Kontosperrungen auch für seine Frau vollumfänglich sanktioniert wurde. Gestern ist bekannt geworden, dass die Krankenversicherung ihm und seiner Frau gesagt hat, dass keine Leistungen mehr erfolgen würden. Die Frau ist im siebten Monat schwanger und befindet sich in einer Risikoschwangerschaft. Er darf weder aus Deutschland ausreisen noch hier einreisen. Er ist deutscher Staatsbürger – im Gegensatz zur Darstellung des Auswärtigen Amtes; das ist nachgewiesen.

Mich interessiert vor diesem Hintergrund: Das Auswärtige Amt hat ja bisher alles verneint und gesagt, es müsse sich dazu nicht äußern – was Sie jetzt getan haben -, weil dies eine gemeinsame EU-Sanktionierung sei. Dazu interessiert mich die Einschätzung des Justizministeriums. Bisher dachte ich Naivling immer, dass diese massiven Eingriffe in die Grundrechte eines deutschen Staatsbürgers und Journalisten nur auf der Basis von entsprechenden deutschen Gesetzen durchführbar sind, abgesegnet vom Deutschen Bundestag. Hat die EU tatsächlich das Recht, wie es das AA impliziert, so massiv in die Grundrechte eines deutschen Staatsbürgers per Sanktion einzugreifen?

Kirschner (BMJ)
Zu dem konkreten Einzelfall kann ich mich hier nicht äußern. Das ist ein europäischer Rechtsrahmen für diese Sanktionierung. Für die ist das Auswärtige Amt innerhalb der Bundesregierung zuständig. Insofern habe ich dem nichts hinzuzufügen.

Giese (AA)
Wenn ich etwas ergänzen darf: Dagegen gibt es natürlich Rechtsmittel. Anders als in Russland gilt in der Europäischen Union Recht und Gesetz. Selbstverständlich kann man gegen diesen Rechtsakt vorgehen. Nach den Informationen, die ich habe, gibt es da auch eine anwaltliche Vertretung.

Zusatzfrage Warweg
Die Argumentation der EU-Kommission war ja bisher, wenn ich das richtig verstanden habe, Herr Doğru habe mit „Red Media“ indirekt die Handlungen der Russischen Föderation gestärkt, indem er kritisch über propalästinensische Proteste in Deutschland berichtet habe. Diese Argumentation des Indirekten hat ja irgendwie ein bisschen einen Orwellschen Klang. Können Sie sagen, dass es nach wie vor die Haltung der Bundesregierung ist, dass eine Berichterstattung über propalästinensische Konflikte von der Bundesregierung und von der EU als indirekte Unterstützung Russlands gewertet wird? Das wäre ja ein Ansatz, den man im Zweifel auf jede regierungskritische Berichterstattung anwenden könnte. Könnten Sie vielleicht noch einmal klarstellen, wie die Haltung der Bundesregierung dazu ist?

Giese (AA)
Das, was ich zu den Begründungen dieser Attribuierung sagen kann, habe ich schon gesagt. Im Übrigen ist die Listungsbegründung öffentlich. Die kann jeder einsehen. Das können Sie auch machen.

Zusatz Warweg
Aus der habe ich zitiert. Da wird ja mit dieser indirekten Form argumentiert.

Giese (AA)
Wie gesagt, das ist eine EU-Entscheidung. Aber die ist genau so, wie sie getroffen worden ist.

Frage Dr. Kornmeier (ARD-Hauptstadtstudio)
Inwieweit konnten Sie im Rahmen dieser Attribuierung auch verifizieren, ob oder dass „red.“ eine Nachfolge von „Redfish“ ist?

Giese (AA)
Das müsste ich meine Kollegen fragen, ob das Teil dieser Attribuierung ist. Die Attribuierung habe ich Ihnen gerade vorgetragen. Es geht um die Aktivitäten von „red.“, nicht um Nachfolgefragen. Aber wenn ich dazu noch etwas habe, kann ich es Ihnen sagen, wenn meine Kollegen mir dazu etwas schreiben.

Frage Jäckels (taz)
Ich würde mich auch freuen, wenn Sie das noch nachreichen könnten. – Russland ist ja bei Weitem nicht das einzige Land, das versucht, den deutschen Diskurs und spezifisch auch den Internetdiskurs zu beeinflussen. Letztes Jahr berichtete das ZDF etwa über gezielt eingesetzte israelische Chatbots, die versuchen, den Diskurs bezüglich des Gazakrieges zu beeinflussen. Gibt es auch Maßnahmen dagegen, wenn es sich nicht um unsere Feinde, sondern auch um unsere Freunde handelt?

Giese (AA)
Ganz generell: Informationsmanipulation, die Manipulation der öffentlichen Meinung, die sich in feindlicher Weise gegen Deutschland richtet, ruft natürlich die Sicherheitsbehörden in Deutschland auf den Plan. Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrer Frage insinuieren. Das ist mir nicht bekannt. Das kann ich nicht sagen. Aber generell gilt: Die Sicherheitsbehörden in Deutschland schauen sich natürlich an, wer hier versucht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen.

Zusatzfrage Jäckels
Noch einmal konkret: Gab es in den vergangenen zwei Jahren einen Austausch mit der israelischen Regierung bezüglich dieser Informationsmanipulation im deutschen Diskurs? Hat man dort zumindest angemahnt, dass so etwas nicht stattfinden soll?

Giese (AA)
Ich habe mich nicht dazu geäußert, was Sie jetzt insinuieren. Mir ist das nicht bekannt. In Bezug auf die Sicherheitsbehörden in Deutschland insgesamt würde ich mich jetzt auch ungern äußern, weil ich hier nur für das Auswärtige Amt sitze.

Frage Jung (jung & naiv)
Verstehe ich es richtig, dass Sie sich nur für Desinformation von Feindesstaaten interessieren?

Giese (AA)
Wir wollen die philosophische Diskussion jetzt nicht komplett aufmachen.

Zusatz Jung
Das ist ja nichts Philosophisches.

Giese (AA)
„Desinformation“ unterstellt ja ein kleines bisschen auch eine negative Absicht, die damit einhergeht.

Zusatzfrage Jung
Sie haben ja gerade den Kontext bei der Frage der Kollegin Jäckels aufgemacht. Geht es für Sie um Desinformation von jeglichen ausländischen Staaten oder nur von verfeindeten Staaten wie Russland, Iran usw.? Es ist ja nachweislich so, dass Desinformationskampagnen auch von befreundeten Staaten in Deutschland stattfinden.

Giese (AA)
Wie gesagt, die Desinformationen, die wir überprüfen – das insinuiert, dass das in einer feindlichen Absicht geschieht. Das ist auch diesem Begriff inhärent.

Zusatz Jung
Desinformationen können hier ja auch von befreundeten Staaten stattfinden, damit diese Staaten hier weiterhin ein positives Bild haben. Es ergibt ja gar keinen Sinn, dass Desinformation ausschließlich von Feinden kommt!

Giese (AA)
Wie gesagt, das ist ein geordnetes Verfahren. Es würde jetzt ein bisschen weit führen, hier die Unterschiede zwischen Information und Desinformation aufzudröseln. Aber es geht um Sachen, die nicht wahr sind.

Frage Warweg
Noch einmal zum Verständnis dieser Einschätzung: Habe ich Sie richtig verstanden, dass die gerade von Ihnen formulierte Einschätzung zu „Red Media“ auf geheimdienstlichen Erkenntnissen beruht, die Sie vermutlich nicht zu veröffentlichen planen?

Hintergrund meiner Frage ist, dass Herr Doğru sich mehrmals sehr explizit dazu geäußert und gesagt hat, dass es bei „Redfish“ eine Querfinanzierung von „Ruptly“ gab, dass er dann aber sozusagen mit Freunden diese Neugründung als linkes Medienportal vorgenommen hat und dass er zumindest selbst ausgeschlossen hat, dass es da eine Querfinanzierung durch russisches Geld gibt.

Diesen Aussagen von ihm widersprechen Sie. Geht es um russisches Geld, oder um welche Art von Einflussnahme geht es? Hier wird immerhin ein deutscher Staatsbürger und Journalist ohne jedes Gerichtsurteil massiv sanktioniert. Dann müssten für die Öffentlichkeit schon ein bisschen mehr Infos kommen als der Verweis auf irgendwelche angeblichen nachrichtendienstlichen Erkenntnisse.

Giese (AA)
Ich habe das Wort „nachrichtendienstlich“ gar nicht benutzt. Das sind alle möglichen Erkenntnisse – auch ganz viele Erkenntnisse, die öffentlich einsehbar sind. Wie gesagt – ich kann mich nur noch einmal wiederholen -, es gibt einen Rechtsweg dagegen. Es ist ein geordnetes rechtliches Verfahren dagegen möglich.

Zusatzfrage Warweg
Es wurde ja von beiden Seiten erwähnt, dass seine gesamten Konten eingefroren seien. Können Sie mir bitte darstellen, wie man sich rechtlich wehren kann, wenn man keinerlei finanzielle Ressourcen mehr hat, außer regelmäßig bei der Bundesbank den Notgroschen einzufordern, wenn ich richtig informiert bin, um zumindest Lebensmittel und Medikamente kaufen zu können?

Giese (AA)
Eine der Rechtsfolgen, die mit dieser Sanktionierung einhergeht, ist ein „asset freeze“. Das ist die Folge der Handlungen.

Zusatzfrage Warweg
Meine Frage war: Wie soll man dann Anwälte bezahlen?

Giese (AA)
Ich habe das schon vorher geäußert. Ich will da jetzt nicht zu tief ins Detail gehen, aber nach meinen Informationen gibt es da eine anwaltliche Vertretung. Das scheint also möglich zu sein.

Zusatzfrage Warweg
Meine Frage war: Wie soll einer von Sanktionen Betroffener, bei dem die Konten – – –

Vorsitzende Wefers
Nein. Jetzt – – –

Zuruf Warweg
Entschuldigung! Dabei geht es um einen Kollegen. Ein bisschen Solidarität könnte man auch von Ihrer Seite her zeigen!

Vorsitzende Wefers
Herr Warweg, ich sehe jetzt hier aber nicht noch andere Kolleginnen und Kollegen, die sich vertieft dafür einsetzen wollen.

Zusatz Warweg
Das spricht auch für sich.

Vorsitzende Wefers
Das ist Ihre Meinung. Die lassen wir jetzt gerne einmal so stehen.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 02.07.2025

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