Thema Assange im ZDF bei Markus Lanz recht sonderbar behandelt – Vielleicht bald eine Vereinbarung zwischen den USA und Assange?

Thema Assange im ZDF bei Markus Lanz recht sonderbar behandelt – Vielleicht bald eine Vereinbarung zwischen den USA und Assange?

Thema Assange im ZDF bei Markus Lanz recht sonderbar behandelt – Vielleicht bald eine Vereinbarung zwischen den USA und Assange?

Ein Artikel von Moritz Müller

Gestern wurde ich darauf aufmerksam, dass Markus Lanz sich am 14. März mit dem Thema Julian Assange befasst hat, und dazu kamen Assanges Bruder Gabriel Shipton, der Völkerrechtler Kai Ambos, der Journalist Heribert Prantl und kurz der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour zu Wort. Nachdem ich mich erst über die Tatsache gefreut hatte, dass es das Thema Assange in eine Talkshow zur besten Sendezeit geschafft hat, setzte nach kurzem Zuschauen mein Erstaunen darüber ein, wie wenig die Beteiligten informiert schienen. Dies gilt natürlich nicht für Assanges Bruder, denn dieser ist seit Jahren mit dessen Schicksal konfrontiert. Am Ende des Beitrags war ich froh, dass ich seit Jahren keinen Fernseher besitze und dass ich keine Zwangsabgabe an den ÖRR zahlen muss, weil ich nicht in Deutschland lebe. Nachfolgend der Versuch, den in der Sendung erzeugten Nebel ein wenig zu lichten. Von Moritz Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Vorbemerkung: Die Leserinnen und Leser mögen mir bitte verzeihen, dass dieser Text sehr lang geworden ist und sehr ins Detail geht. Während des Schreibens wurde mir immer klarer, dass die Sendung auch irgendwie dazu beiträgt, den Ruf von Julian Assange und WikiLeaks zu zerstören. Auch die „kleinen“ Ungenauigkeiten tun in der Summe ihre Wirkung und darum habe ich mir die Mühe gemacht, das im Detail zu kommentieren.

Es fing gut an, als Markus Lanz die Frage stellte, ob „jemand wie Assange“ freigelassen werden sollte. Kai Ambos antwortete mit „Ja“ und Heribert Prantl sagte „Zweimal ja“.

Dann konfrontierte Markus Lanz Omid Nouripour mit der Wahlkampfforderung von Annalena Baerbock, die im September 2021 „die sofortige Freilassung von Julian Assange“ gefordert hatte, und dass man seitdem nichts mehr von ihr zum dem Thema gehört habe.

Nouripour entgegnete, dass sie als Außenministerin diplomatisch hinter den Kulissen verhandeln müsse, und dies auch täte. „Sie spricht das sehr oft an“. Lanz kommentierte das als „wässrig“, „mau“ und „lasch“, wobei unklar blieb, ob er Baerbock oder Nouripour meinte. Außerdem hatte dieser gesagt, dass es der „Job der Außenministerin nicht ist, dies draußen zu erzählen, sondern in bilateralen Gesprächen“. Wenn das ihre Regel wäre, sollte sie aber nicht davon reden, dass man „Russland ruinieren“ müsse oder dass der chinesische Staatschef ein „Diktator“ sei.

Heribert Prantl griff die Bemerkung auf und sagte, dass sie doch sonst auch Menschenrechtsverletzungen anprangere. Dann sprach er davon, dass sie sich dabei nicht auf die Souveränität Großbritanniens und der britischen Gerichte zurückzöge. Heribert Prantl hätte hier leicht über die Unterschiede in Baerbocks Umgang mit verschiedenen Ländern kontern können, was dann eher Lanz mit dem Einwurf „wertebasierte Außenpolitik“ tat.

Dann zeigte sich Omid Nouripour gut informiert und sagte, dass die „Amerikaner auf zigfache Nachfrage“ die Möglichkeit der Todesstrafe nicht hätten ausräumen können. Er sagte, „wir wissen alle, dass Assange bei einer Auslieferung die Todesstrafe droht“. Es wäre noch präziser gewesen, wenn er ein „möglicherweise“ eingeschoben hätte, aber es ist trotzdem gut, dass ein Vorstandsmitglied der Atlantikbrücke e.V. so etwas sagt.

Bei so etwas Existenziellem könnte die Außenministerin aber vielleicht doch an die Öffentlichkeit treten. Olaf Scholz hat dies ja auch am 4. März getan, als er überraschenderweise öffentlich sagte, Assange sollte nicht an die USA ausgeliefert werden, weil dort das Strafmaß nicht den britischen Vorgaben angemessen sei. Die meisten Beobachter meinen, dass der Kanzler hier auch die Möglichkeit der Todesstrafe gemeint hat.

Dann zeigt Lanz das „Collateral Murder“-Video, aufgenommen von einem US-Kampfhubschrauber, dessen Besatzung im Jahr 2007 in Bagdad 12 Zivilisten ermordet hat. Man sieht in dem Video, wie Menschen getötet werden. Weiter kommentiert Lanz Bilder, die den Lebenslauf von Julian Assange seit dieser Veröffentlichung im Jahr 2010 kurz anreißen und die mit seiner andauernden Inhaftierung in London enden. Auch Assanges Frau Stella kommt mit den eindrücklichen Worten, dass es hier um Leben und Tod ihres Mannes gehe, zu Wort.

Daraufhin wird Gabriel Shipton aus Australien zugeschaltet und er antwortet auf die Fragen nach den Haftbedingungen in der sechs Quadratmeter großen Zelle von Assange, dass seine Familie ihn einmal in der Woche besuchen darf und die fünf und sechs Jahre alten Söhne von Assange das Belmarsh-Gefängnis als sein Haus bezeichnen. Gabriel Shipton sagt, dass sein Bruder für Journalismus bestraft wird.

Dies bezeichnet Lanz als die sehr menschliche „Tragödie“ des Falls, bevor er Kai Ambos zu der „harten juristischen“ Bewertung des Falls befragt, und ob dieser Assange als „Aufklärer, Verräter, einen Mann, der in Gefängnis gehört, oder der freigelassen werden soll.“ sieht.

Ambos antwortet, dass Julian Assange aus „humanitären Gründen“ nicht ausgeliefert und freigelassen werden soll. Diese Gnade, die man Assange erweisen soll, bestimmt dann den Rest der Sendung, und leider findet sich für viele der Behauptungen von Kai Ambos niemand, der diese faktisch widerlegt. Heribert Prantl scheint zumeist voll auf der Seite von Julian Assange zu stehen und er präsentiert das auf eine sehr sympathische Art und Weise.

Kai Ambos sagt, dass Assange „eigentlich schon genug bestraft worden ist nach allem, was passiert ist“. Man fragt sich, wofür er meint, dass Assange bestraft werden sollte. Dann sagt er, der Fall sei viel komplexer, als er oft dargestellt wird, und dem würde ich zustimmen, allerdings aus der entgegengesetzten Richtung als der, aus der Ambos schaut.

Weiter sagt Kai Ambos, es sei „heute Abend schon wieder einiges gesagt worden, was nicht stimmt,“ und wendet sich an Omid Nouripour mit der Behauptung, die Todesstrafe stünde „nicht zur Debatte“. Hier hat der Juraprofessor aus Göttingen nicht ganz recht, denn ich habe selbst am 21. Februar im Gerichtssaal 5 der Königlichen Gerichtshöfe in London gehört, wie der Anklagevertreter Ben Watson die Todesstrafe in diesem Fall nicht ausschließen konnte. Auf die Frage des Richters, ob man etwas tun könne, um die Verhängung der Todesstrafe zu verhindern, antwortete er: „Es wäre sehr schwierig, Zusicherungen zu geben, um die Verhängung der Todesstrafe zu verhindern.“ In der Anklageschrift der USA ist die Todesstrafe nicht erwähnt, aber es ist nicht auszuschließen, dass die USA im Falle einer Auslieferung neue Anklagepunkte hinzufügen würde.

Die Todesstrafe steht „nicht zur Debatte“, aber sie kann auch nicht ausgeschlossen werden, was bei der Unumkehrbarkeit nach der Vollstreckung wohl nicht riskiert werden sollte.

Dann sagt Ambos, dass Assange nicht Daniel Ellsberg sei, der als Angestellter der Rand Corporation Dokumente über das Belügen der Bevölkerung der USA durch ihre Regierung an die New York Times und die Washington Post gegeben hatte. Ellsberg war ein Whistleblower, während Assange ein Publizist ist. Daniel Ellsberg, der im letzten Jahr im Alter von 92 Jahren gestorben ist, hat sich stets und vehement für Assange eingesetzt und auch vor Gericht zu seinen Gunsten ausgesagt. Er hätte sich wahrscheinlich gegen diese Vereinnahmung durch Kai Ambos verwahrt. Ellsberg hatte die Regierung der USA aufgefordert, auch ihn zusammen mit Assange anzuklagen, und immer seine Gemeinsamkeiten mit Julian Assange betont.

Ambos wirft dann auch Heribert Prantl vor, dass er Assange in seinem letzten Editorial in der SZ zu einem Ellsberg oder einem Snowden machen würde, was sich Prantl stoisch anhört.

Ambos hebt dann an zu sagen, dass Assange mit WikiLeaks hunderttausende unredigierter Dokumente veröffentlicht habe. Hier hätte Prantl einschreiten können und sagen müssen, dass die Veröffentlichung der Diplomatic Cables eine Verkettung unglücklicher Umstände war, an der The Guardian und Der Freitag mindestens genauso beteiligt waren wie WikiLeaks. WikiLeaks hatte diese diplomatischen Depeschen verschlüsselt auf einen Internetserver hochgeladen. Die Guardian-Journalisten David Leigh und Luke Harding, die das Passwort zu diesem Server kannten, weil sie bei der Redigierung der Dokumente mithalfen, veröffentlichten das Passwort dann als Kapitelüberschrift in ihrem Buch „WikiLeaks: Inside Julian Assange’s War on Secrecy“, nachdem sie sich mit Julian Assange zerstritten hatten.

Der Freitag wies dann nach Monaten darauf hin und es war schlussendlich die Webseite Cryptome, die die unredigierten Depeschen dann veröffentlichte, WikiLeaks folgte erst einige Tage später. Assange hatte sich mit dem State Department der USA in Verbindung gesetzt, damit die USA in den Dokumenten genannte Personen warnen könnten, doch die USA lehnten eine Zusammenarbeit ab.

Kai Ambos „möchte dann mal“ ein Beispiel geben, was die Veröffentlichung von unredigierten Dokumenten bedeutet für „unbeteiligte Personen“. Ob man Informanten als „unbeteiligte Personen“ bezeichnen kann, sei dahingestellt. Man kann wohl davon ausgehen, dass einige dieser Informanten auch Menschen mit Informationen gefährdeten, die sie an die Tötungsmaschinerie der USA weitergaben. Ich will hier die Schandtaten aller Seiten gar nicht aufrechnen, und niemand verdient einen frühzeitigen Tod, aber „unbeteiligt“ waren viele der Informanten wohl nicht. Das ist etwas irreführend von Ambos.

Kai Ambos zitiert einen Artikel aus der New York Times vom 30. Juli 2010 mit dem Titel „Taliban study Wikileaks to hunt informants“, wonach die Taliban die WikiLeaks-Veröffentlichungen zu Afghanistan von einigen Tagen vorher studierten, um Hinweise auf Informanten zu finden. Er sagt dann allerdings selbst, dass man nicht beweisen könne, dass durch Assanges Veröffentlichungen Menschen gestorben sind, sondern dass diese gefährdet wurden. Auch dazu würde ich sagen, dass, wenn die Militärmacht USA einen Krieg gegen Afghanistan und den Irak führt, in dem wirklich unbeteiligte Zivilisten beweisbar getötet wurden, es doch weit hergeholt ist, von einer potenziellen Gefährdung durch Veröffentlichungen zu sprechen. Im Prozess gegen Chelsea Manning, die die besagten Daten an WikiLeaks gegeben hatte, musste der US-Brigadegeneral Robert Carr eingestehen, dass es keine Beweise gebe, dass durch die Veröffentlichung der Daten Menschen vom Feind getötet wurden.

Dann kommt Kai Ambos mit dem Argument, dass „er übrigens auch die E-Mails von Hillary Clinton“ veröffentlicht hat und dass Trump dies gefallen habe. Erstens sind diese Veröffentlichungen nicht Gegenstand der juristischen Auseinandersetzung und zweitens hat schon im Sommer 2019 der New Yorker Richter John Koeltl eine diesbezügliche Zivilklage der Demokratischen Partei abgewiesen und gesagt, dass das öffentliche Interesse in diesem Fall Vorrang habe. Dieses Urteil kennt der Rechtsprofessor möglicherweise oder auch nicht, aber ihm geht es vielleicht um die moralische Bewertung bzw. darum, dass Clinton besser sei als Trump. Schade, dass hier niemand nachgehakt hat.

Dann sagt Ambos, dass natürlich alle im Raum für das Sichtbarmachen von Kriegsverbrechen seien, aber bitte auch die der Russen und Chinesen. Darum geht es im Fall Assange aber gar nicht und außerdem weiß ich gar nicht, wann China das letzte Mal Krieg mit einem anderen Land geführt hat. Für einen akademischen Professor argumentiert Kai Ambos sehr ungenau, und vieles, was er vorbringt, ist untergründiges Geraune.

Dann sagt er, Informantenschutz sei verantwortungsvolle redaktionelle Arbeit und deshalb sei WikiLeaks kein „seriöses journalistisches Medium“. Ich weiß zum Beispiel, dass der WikiLeaks-Chefredakteur Kristinn Hrafnsson vor der Veröffentlichung des „Collateral Murder“-Videos nach Bagdad gefahren ist, um vor Ort zu recherchieren und mit Angehörigen der Opfer des US-Massakers zu sprechen.

Ambos spricht dann davon, dass sich ein Konglomerat der großen Zeitungen von Assange distanziert habe, weil er nicht diesen Standards genügt habe. Genau diese Zeitungen haben bei den WikiLeaks-Veröffentlichungen auf Wunsch von Julian Assange redaktionell mitgearbeitet und den allergrößten Teil der Veröffentlichungen redigiert. Leider wird Ambos auch in diesem Punkt nicht widersprochen. Und genau diese Medien waren es auch, die im November 2022 die US-Regierung aufgefordert haben, das Verfahren gegen Julian Assange einzustellen, und zwar, weil „Journalismus kein Verbrechen“ sei, und nicht aus humanitären Gründen. Auch dies erwähnt Kai Ambos nicht.

Dann versteigt sich Markus Lanz zu der Behauptung, der Schutz von Quellen sei redaktionelle Arbeit, die im „Fall von WikiLeaks nicht stattgefunden hat“. Darauf antwortet Heribert Prantl einerseits bewundernswert, indem er die Wichtigkeit der WikiLeaks-Veröffentlichungen betont, andererseits lässt er ein weiteres Mal die Chance verstreichen, die Dinge richtigzustellen, indem er sagt, dass WikiLeaks sehr wohl immense redaktionelle Arbeit geleistet hat. Dies haben etliche Zeugen der Verteidigung im September 2020 im Auslieferungsverfahren am Old Bailey ausgesagt. Er gibt Ambos sogar noch recht, indem er sagt, WikiLeaks habe „gigantische Datenmengen quasi ins Netz geschaufelt“.

Es ist gut, dass Prantl dann „ganz simpel“ die Frage stellt, ob der Verbrecher derjenige sei, der „auf Kinder und Unbeteiligte schießt, die tatsächlich ums Leben gekommen sind, die ermordet worden sind, oder ist der Verbrecher derjenige, der diese Verbrechen ans Tageslicht bringt“. Er sagt dann doch, dass WikiLeaks Datenmengen ausgewertet habe, und er sagt, „Journalismus beginnt damit, dass die Wahrheit aufgedeckt wird“. Er redet auch über die anderen Formen des Journalismus und die Kommentierung, die ihm besonders angelegen ist und die er auch im von Ambos zitierten Editorial angewendet habe, und es scheint, als habe er sich von Ambos auf den Schlips getreten gefühlt.

Die Aufdeckung der Wahrheit sei eine große Leistung. Es ist wirklich großartig, dass Prantl das hier auch mit Pathos sagt, aber leider lässt Lanz es zu, dass Kai Ambos ihn hier unterbricht und von Datendumping spricht, so wie es der Guardian und die New York Times genannt hätten. Dann fragt er Prantl, ob dieser alles veröffentlichen wolle, „was wir in unserem Privatleben machen, alles, was im Schlafzimmer passiert bei uns…“.

Prantl kontert zu Recht, indem er von Veröffentlichungen im öffentlichen Interesse spricht. Hierauf kommt Ambos wieder mit den Clinton-E-Mails und dass sogar Lanz‘ Podcast-Kollege Richard David Precht meinte, dass WikiLeaks hier zu weit gegangen sei. Ambos zweifelt aber die Antipathie von Precht gegenüber Trump als legitimes Kriterium an, um gegen eine Veröffentlichung der Clinton-E-Mails zu sein. Das ist eine der wenigen Aussagen, bei denen ich Ambos zustimme. Auch hier bleibt obiges Urteil von Richter John Koeltl unerwähnt. Aber auch meine Meinung weicht oft von der von Richtern ab.

Dann geht es ab Minute 52 richtig heiß her. Kai Ambos redet von Staatsgeheimnissen und fragt, „ganz konkret, Herr Prantl“, ob die Abhörung des Taurus-Gesprächs der deutschen Generäle öffentlichkeitsrelevant gewesen sei. Dieser bejaht ausdrücklich, denn in diesem Gespräch ging es ja auch darum, ob Deutschland immer tiefer in den Ukraine-Konflikt hereingezogen wird. Hier beginnt Ambos, sich zu verhaspeln, und redet davon, „wie wir operativ die Russen unterstützen, äh, die Ukrainer unterstützen“. Er redet von legitimen Staatsgeheimnissen und sagt etwas „im Rahmen von (genuschelt) zur Selbstverteidigung berechtigt“. Man fühlt sich hier an einen aufgebrachten Karl Lauterbach erinnert.

Kai Ambos fragt Heribert Prantl dann, ob er die Anklageschrift gelesen habe, und dieser sagt, natürlich habe er das getan. Daraufhin erwähnt Ambos 18 Anklagepunkte und zu Recht sagt Prantl, da könne man auch 25 daraus machen, um auf die Absurdität der US-Anklage mit der Androhung von 175 Jahren aufmerksam zu machen. Dies erheitert wiederum Markus Lanz.

Nun gerät Ambos wieder ins Verhaspeln. Er sagt, die Pressefreiheit sei gut geschützt in den USA, und man wisse gar nicht, „ob Trump, äh, Assange dort verurteilt würde“. Dies sei ein Auslieferungsverfahren im „Rechtsstaat“ Großbritannien und da könne Frau Baerbock auch nichts machen. Dass es in diesem Auslieferungsverfahren schleppend langsam vorangeht, dass die Richter am High Court ungetesteten Zusicherungen der USA stattgegeben haben, dass Richter 9 Monate brauchen, um 100 Seiten zu lesen und darauf einen dreiseitigen Ablehnungsbescheid zu schreiben, lässt er unerwähnt oder Ambos kennt dieses Geschehen nicht.

Nun wird es ganz abenteuerlich, denn Kai Ambos spricht von einem dreizehnjährigen Auslieferungsverfahren, davon 9 Jahre in der Botschaft. Der Auslieferungsantrag der USA wurde vor knapp 5 Jahren offiziell gestellt, und das Auslieferungsersuchen der schwedischen Justiz ging vom Dezember 2010 bis Mai 2017, also insgesamt 11½ Jahre in zwei ganz verschieden gelagerten Verfahren. Außerdem war Julian Assange knapp 7 Jahre in der ecuadorianischen Botschaft, und nicht 9 Jahre. Hier ist es Kai Ambos, der simplifiziert und verfälscht, beides Dinge, die er vorher bei anderen bemängelt hatte.

Und nun wird es ganz verrückt. Ambos redet nochmals von 9 Jahren in der Botschaft, wo Assange freiwillig hingegangen sei, und auch das „freiwillig“ wird nochmals wiederholt. Diese Aussagen sind menschenverachtender Zynismus. Prantl wirft ein, Freiwilligkeit sei so eine Geschichte, doch da unterbricht ihn diesmal Markus Lanz, um weitere Ausführungen über professionelle redaktionelle Netzwerke zu machen.

Auch hier weist niemand auf die redaktionelle Arbeit von WikiLeaks hin. Hier verspielt Prantl leider eine weitere Chance zur Richtigstellung, weil er den Eindruck stehenlässt, WikiLeaks habe überhaupt nicht professionell und verantwortlich gearbeitet. Er versteigt sich zu der Aussage, Assange habe am Anfang seiner Arbeit gestanden und er nähme an, dass Assange es heute nicht mehr so machen würde. Das ist einfach falsch. Ich habe mir gerade mal einige Iraq War Logs auf der WikiLeaks-Seite angeschaut, und da ist ganz viel geschwärzt. Zeitangaben, Orte, Personen, die Art der Fahrzeuge. Ich würde davon ausgehen, dass der allergrößte Teil der WikiLeaks-Veröffentlichungen redaktionell bearbeitet wurde.

Interessant ist auch, wenn man sich die Geheimhaltungsgrade im Register anschaut. Der höchste ist „secret“ und nicht etwa „top secret“, weil diese Dokumente laut diesem SZ-Artikel über einen gesonderten Kanal laufen. Nach diesem Artikel hatten zu der Datenbank, von der Bradley/Chelsea Manning die Daten heruntergeladen hatte, 2,5 Millionen Menschen Zugang. Das vielleicht noch als weitere Anmerkung zur wiederholten Behauptung von Kai Ambos, Assange habe Menschen gefährdet. Fängt die Gefährdung nicht schon an, wenn man die Namen von exponierten Informanten in einer Datenbank aufbewahrt, zu der so ein riesiger Personenkreis Zugang hat? Das sind ja wahrscheinlich 1 Prozent der damaligen erwachsenen Bevölkerung der USA.

Kai Ambos kommt ab Minute 56:30 auf den Begriff des Staatsgeheimnisses zu sprechen, redet von Oberst Klein in Kundus: „Übrigens, da hatten wir auch ‘n Informanten, das sind unsere Leute, und die Leute werden von Assange, von WikiLeaks wurden auch aufgedeckt, jetzt nicht die konkret, aber verstehen Sie, es geht ja abstrakt um das Problem“. Solche Sätze machen überhaupt keinen Sinn, und das so etwas nicht direkt als das benannt wird, was es ist, nämlich unzusammenhängendes, insinuierendes Geraune, ist bedenklich und gefährlich. Man fragt sich, was Kai Ambos bei seinen Vorlesungen oder beim Kosovo-Tribunal so alles sagt.

Prantl spricht daraufhin von legalen und illegalen Geheimnissen und Lanz bittet ihn um ein Beispiel, worauf er die Spiegel-Affäre von 1962 erwähnt und den Fall Leo (sic) Pätsch von 1963.

Wieder sagt Ambos, Assange habe Leute gefährdet, das sei real, „die Taliban killen die“. Wie kann er „killen“ sagen, wenn die USA keine konkreten Beweise haben, wo Menschen konkret durch WikiLeaks-Veröffentlichungen zu Schaden gekommen sind? Prantl sagt, Assange habe journalistische Sorgfalt „partiell nicht gehabt“, und Ambos darf nachlegen, dass er diese Sorgfalt „überhaupt nicht“ gehabt habe. Prantl sagt, Assange sei in einem „investigativen Rausch“ gewesen. Auch das wurde selbst im Auslieferungsverfahren am Old Bailey so von den Anklagevertretern nicht gesagt.

Wenigstens sagt Prantl, dass Assange den Schutz der Pressefreiheit verdient.

Dann fragt Lanz nach Julian Assanges Zeit in der ecuadorianischen Botschaft, und dass Ambos behauptet hat, Assange sei freiwillig in diese Botschaft gegangen. Interessanterweise sieht man in dem Bild hinter Prantl und Ambos bei dieser Frage Julian Assange, wie er mit dem Schiedsspruch der UN-Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierung (UNWGAD) in der Hand auf dem Balkon der Botschaft steht und spricht. Ein kurzer Clip davon ist auch im einleitenden Video am Anfang der Sendung zu sehen.

Diese Arbeitsgruppe, zusammengesetzt aus eminenten Rechtswissenschaftlern, hatte im Jahr 2017 entschieden, dass Assange durch die Einwirkung von Schweden und Großbritannien willkürlich festgehalten wird. Er sei sofort freizulassen und zu entschädigen. Weder Schweden noch Großbritannien fühlten sich an dieses UN-Urteil gebunden. Trotzdem ist es erstaunlich, dass der Völkerrechtler Ambos hierauf mit keinem Wort eingeht.

In der 62. Minute fragt Lanz, warum Assange in der Botschaft gewesen sei, und nun darf Ambos die These vom Vergewaltiger Assange wieder aufwärmen. Er stellt hier unrichtige Behauptungen in den Raum, die zumindest unscharf sind und von denen er selbst sagt, dass es auch anders hätte sein können. Unerwähnt bleibt auch, dass die erste mit dem Vorgang befasste Staatsanwältin Eva Finné nach drei Tagen entschied, das Verfahren nicht aufzunehmen, und erst die von dem sozialdemokratischen Politiker Claes Borgström beauftragte Staatsanwältin Marianne Ny das Verfahren wirklich aufnahm.

Dann spricht Ambos von einem europäischen Haftbefehl, „ein spezielles Instrument innerhalb des EU-Rechts“, ohne zu erwähnen, dass dieser nicht von einem Richter, sondern von dieser Staatsanwältin kam. Er singt dann das Hohelied auf die britische Justiz, die Assange erlaubt habe, bis zum Supreme Court zu gehen. „Der berühmte englische Supreme Court“, der am 1. Oktober 2009 seine Arbeit aufnahm, also ungefähr ein Jahr, bevor der Haftbefehl aus Schweden erlassen wurde. Wie Ambos hier bombastisch von „berühmt“ reden kann, erschließt sich mir nicht und dient wohl nur dazu zu unterstreichen, wie unfehlbar die dortigen Richter waren und sind.

Die Anwendung des Europäischen Haftbefehls wurde, kurz nachdem Assange am Supreme Court abgewiesen wurde, geändert, weil die Richter Zweifel hatten, ob ein von Staatsanwälten ausgestellter Haftbefehl für eine Auslieferung ausreicht. Nach dieser Änderung musste der Haftbefehl von einem Richter kommen, um in Großbritannien anerkannt zu werden.

Kai Ambos führt dann weiter zur stringenten englischen Rechtsstaatlichkeit aus, an der ich seit der Beobachtung des Assange-Falls so meine Zweifel habe. Schon in der allerersten Anhörung, eine Stunde nachdem Assange am 11. April 2019 aus der Botschaft gezerrt wurde, zeigte sich dies. Assanges Verteidiger stellte einen Antrag auf Befangenheit, weil der Ehemann der beaufsichtigenden Richterin Emma Arbuthnot vierzig Mal in WikiLeaks-Veröffentlichungen erwähnt wurde. Der Richter wischte dies ungeprüft beiseite und bezeichnete stattdessen Assange als Narzissten, nachdem er ihn 15 Minuten im Gericht gesehen hatte.

Jeder Psychologe wird so eine schnelle Einordnung, egal von wem, kategorisch ablehnen. Zudem war diese Bemerkung auch völlig unnötig und hatte mit dem Fall nichts zu tun. Vielleicht wollte der Richter einfach auch ein bisschen am Rufmord von Assange teilnehmen.

Apropos Rufmord. Bei Lanz führt Kai Ambos weiter aus, wie „ganz toll“ die Verteidiger von Assange seien: „Ich kenn die zum Teil, die werden auch sehr gut bezahlt, könn‘ ma nochmal n‘ anderes Mal drüber sprechen, woher das Geld kommt“. Dies scheint das Stichwort für Lanz zu sein: „Ja, woher kommt das denn?“ „Keine Ahnung, fragen sie die Leute von Assange … irgendwo gibt‘s da Geld.“

Hier wird es wirklich perfide. Julian Assange steht der geballten Justizmacht der USA und des Vereinigten Königreichs gegenüber, und jemand, der behauptet, aus humanitären Gründen für seine Freilassung zu sein, stellt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk solche unbelegten Vermutungen in den Raum. Soweit ich weiß, kommt eigentlich das ganze Geld für die Anwälte und auch für die Kampagne für seine Freilassung aus Spenden seiner Unterstützer. Wahrscheinlich arbeiten einige seiner Anwälte auch unentgeltlich.

Als Heribert Prantl recht hilflos loslegt und von den Preisen spricht, die Julian Assange erhalten hat, redet Ambos ihm süffisant dazwischen: „Wissen Sie, was die Leute für ein Honorar haben, Leute wie Ben Emmerson, Kings Counsel?“. Zu diesem Zeitpunkt fängt Ambos an, über seine eigene Bemerkung zu grinsen, vielleicht weil er an sein eigenes Gehalt als Jurist denken muss. Er sagt dann tatsächlich, dass man eine Sendung darüber machen solle, woher das Geld kommt, und er habe schon mit einem Mitarbeiter von Lanz darüber gesprochen. Da frage ich mich, inwieweit Lanz und Ambos ihr Vorgehen abgesprochen haben. Das ist natürlich auch nur eine Vermutung, die sich mir nach diesen letzten choreographiert erscheinenden Bemerkungen von den Beiden aufdrängt. Prantl scheint überhaupt nicht mit von der Partie zu sein, und er sagt dann, dass er Assange auch bezahlen würde, weil ihm die Pressefreiheit wichtig ist.

Hier unterbricht Ambos ihn wieder mit der Bemerkung, dass er zu Ende „erklären“ wolle, wie es weiterging zum damaligen Zeitpunkt. „Wir müssen sehen, es gibt eine Entscheidung des Supreme Court, Assange, du musst ausgeliefert werden nach Schweden“ (erhobener Zeigefinger). Wie Kai Ambos darauf kommt, Julian Assange zu duzen, weiß ich auch nicht.

Dann geht es weiter mit Betrachtungen über die Art des Aufenthalts von Assange in der ecuadorianischen Botschaft. Dies sei kein „Asyl“ gewesen und die Botschaft kein „extraterritoriales Gebiet“. Über den speziellen Fall von Assange in der ecuadorianischen Botschaft hat Kai Ambos schon 2012 geschrieben und dies damals schon abgelehnt. Er müsste sich also auskennen und es ist mir noch schleierhafter, wieso er von neun Jahren in der Botschaft redete.

Es sei Assanges freie Entscheidung gewesen, nicht nach Schweden zu gehen, sondern in die ecuadorianische Botschaft. Schweden hätte ihn nicht automatisch an die USA weitergeleitet. Mit keinem Wort wird erwähnt, dass sich Schweden weigerte, ein sogenanntes Non-Refoulemont zu unterzeichnen, welches die Auslieferung an die USA ausgeschlossen hätte. Laut dem ehemaligen UN-Sonderbeauftragten für Folter, Nils Melzer, ein normales, gängiges rechtliches und diplomatisches Instrument.

Dass es für Assange in Schweden, wo er die Landessprache nicht spricht, weitaus schwieriger gewesen wäre, seine Auslieferung an die USA juristisch zu bekämpfen, ist eine weitere Tatsache, die in dieser Sendung niemand erwähnt.

Laut Ambos könne man ja ein juristisches Seminar darüber machen, ob der Rechtsschutz in England oder Schweden größer sei, als sei dies nur eine theoretische Frage. Julian Assange, der Kriegsverbrechen mit aufgedeckt hat, ist seit über 13 Jahren seiner Freiheit beraubt. Und schon wieder sprach Ambos von neun Jahren in der Botschaft, die man nicht mit der Zeit in Belmarsh vergleichen könne: „Warum ist er übrigens in Belmarsh, Herr Prantl, wissen Sie das?“, fragt Professor Ambos nun seinen Gegenüber.

Ambos hat für die Sendung mit „vielen englischen Kollegen, die Auslieferung machen“, gesprochen. Nun kommt zynisch „das is‘n Hochsicherheitsgefängnis, nicht angenehm“. Julian Assange sitzt, wie sein Bruder eingangs ausgeführt hat, 20 bis 22 Stunden täglich in seiner 6 Quadratmeter großen Zelle. „Er ist da, weil er damals eben geflohen“ ist, und weiter, „er war auf freiem Fuß, gegen Kaution, ist er in die Botschaft gegangen“. Ob man ein Leben mit elektronischer Fußfessel und mit täglicher Meldung auf einer Polizeiwache als „auf freiem Fuß“ bezeichnen kann, ist eine weitere müßige Frage.

Dann werden ein weiteres Mal die neun Jahre dauernden schwedischen Vorermittlungen zum Thema der Diskussion. Es wurde in diesen Fällen wegen sexueller Belästigung und minderschwerer Vergewaltigung niemals Anklage erhoben. Als die Schweden Assange im Sommer 2019 in Belmarsh in der Gewalt der britischen Behörden sozusagen auf dem Präsentierteller hatten, wollte plötzlich kein schwedischer Ermittler mehr mit Assange sprechen. Nach eingehendem Aktenstudium hatte der der schwedischen Sprache mächtige Nils Melzer den schwedischen Behörden 50 spezifische Fragen zu ihrer Untersuchung gestellt, die nach einigen Monaten mit einem halbseitigen Schreiben, dass es keine weiteren Kommentare gebe, beantwortet wurde. Auch dies blieb bei Markus Lanz unerwähnt.

Heribert Prantl beendet diese Episode mit der Feststellung, „dass wir nicht wissen, ob sie (die Anschuldigungen; Moritz Müller) stimmen“, aber es gehe um etwas anderes, was man wisse nämlich, dass Assange das „Collateral Murder“-Video und andere Dinge ins Netz gestellt habe. In der Gesamtbetrachtung seien Ambos und er für die Freilassung von Assange.

Das folgende Plädoyer von Prantl für die Pressefreiheit finde ich großartig und überzeugend. Der Kernsatz ist, dass eine Auslieferung von Assange an die USA negative Auswirkungen auf die Pressefreiheit haben würde.

Auf Markus Lanz‘ Frage, ob denn die Hubschrauberpiloten auch juristisch verfolgt wurden, entgegnet Kai Ambos, das seien zwei verschiedene Dinge, was für mich unverständlich erscheint. Seine Antwort bleibt nebulös. Dann sagt er, dass Assange in den USA vielleicht oder wahrscheinlich freigesprochen würde, weil die Pressefreiheit im Ersten Verfassungszusatz so gut geschützt sei. Hier lässt er außer Acht, dass die Anklagevertreter der USA bei der letzten Anhörung im Februar in London gar nicht garantieren konnten, dass dieser Schutz für den Ausländer Assange auch wirklich gilt. Außerdem darf die CIA in einem solchen Verfahren hinter den Kulissen mitreden. Die CIA hat seit den Vault-7-Veröffentlichungen, in denen WikiLeaks über die „Werkzeuge“ der CIA berichtete, ein gieriges Auge auf Assange geworfen.

Eine Minute später sind sich Prantl und Ambos einig, dass Snowden viel konsistenter und verantwortlicher gehandelt habe und außerdem sympathischer sei als Assange. Prantl sagt allerdings, dass es nicht um Sympathie geht in diesem Fall. Wieder erwähnt niemand ein wichtiges Detail, nämlich dass WikiLeaks die einzige Nachrichtenorganisation war, die Edward Snowden geholfen hat, als dieser in Hongkong in der Falle saß. Julian Assange hat aus der Botschaft in London die Ausreise von Snowden aus Hongkong orchestriert und seine Mitstreiterin Sarah Harrison hat persönlich einiges riskiert, als sie Snowden bei dieser Flucht half.

Eine weitere unrichtige Behauptung von Ambos ist, dass Snowden und Manning „begnadigt wurden“. Snowden wurde nie verurteilt und die 33-jährige Haftstrafe für Chelsea Manning wurde vom scheidenden Präsidenten Barack Obama im Januar 2017 nur ausgesetzt.

Als letzte Würze kommt von Ambos dann die Frage oder eher Feststellung, dass Assange anti-amerikanisch eingestellt sei, und warum es keine Enthüllungen über Russland oder China gegeben habe. Eine Erklärung aus der Szene sei, dass Assange halt kein Russisch könne. Da könnte man ergänzen, dass die meisten im westlichen Publikum das auch nicht können.

Eine wahrscheinlichere Erklärung ist, dass Russen und Chinesen vielleicht besser auf ihre Daten aufpassen und nicht 2,5 Millionen Personen Zugang zu vertraulichen Daten geben. Selbst wenn die These von Ambos stimmen würde, dass WikiLeaks es ablehnt, Dokumente über China und Russland zu veröffentlichen, dann wären diese Dokumente doch sicherlich anderswo aufgetaucht. Das wäre doch ein gefundenes Fressen für die russophoben und sinophoben westlichen Medien. Der militärische Expansionsdrang der USA, der EU und der NATO schien mir in den letzten dreißig Jahren jedenfalls größer gewesen zu sein als der von China oder Russland.

Ganz am Ende zitiert Lanz den unbekannten Journalisten, der Assange einen Hasardeur genannt hat, und lässt von dem Wenigen, was es in der Sendung an Differenziertheit gab, kaum noch etwas übrig. Die Politiker, die Kriege im Nahen Osten angezettelt haben, die über einen Waffeneinsatz auf russischem Territorium reden und die der israelischen Regierung beim Massenmord in Gaza zuschauen und auch noch militärisch unterstützen, sind die wirklichen Hasardeure genauso wie die deutschen Minister, die dieses Land in die wirtschaftliche Katastrophe treiben lassen.

Zum Glück gibt es gerade Neuigkeiten im Fall Assange, nämlich dass hinter den Kulissen über eine Verständigungsvereinbarung verhandelt wird. Das Wall Street Journal schreibt, dass die USA möglicherweise die 18 Anklagepunkte gegen Assange fallenlassen würden, falls dieser ein Schuldeingeständnis macht für z.B. das viel weniger ernste Delikt des Missbrauchs von Dokumenten. Angeblich soll der Deal auch zu machen sein, ohne dass Assange US-Territorium betreten muss. Die in Belmarsh abgesessene Zeit könnte dann angerechnet werden und Julian Assange wäre bald ein freier Mann.

Bei einem Schuldeingeständnis bliebe die Frage der Prozesskosten, die zumindest teilweise Assange aufgebrummt würden. Aber das ist natürlich in Anbetracht der ernsten Lage, in der sich Assange befindet, zweitrangig.

Eine Freilassung von Assange ist wichtig für ihn und seine Familie, für die Pressefreiheit, und es gäbe ein Thema weniger für beschwerliche Nebelkerzensendungen, wie die hier beschriebene.

Etwas Satire hilft auch oft.