Wer solche „Friedensforscher“ hat, braucht keine NATO-Sprecher mehr

Wer solche „Friedensforscher“ hat, braucht keine NATO-Sprecher mehr

Wer solche „Friedensforscher“ hat, braucht keine NATO-Sprecher mehr

Ein Artikel von: Tobias Riegel

In einem aktuellen Gutachten unterwerfen sich Wissenschaftler der „Friedensforschung“ dem offiziellen Kriegskurs. Das Papier ist keine Analyse, sondern eine Sammlung von Durchhalteparolen für eine grundfalsche Politik. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Führende deutsche „Friedensforscher“ haben sich in einer aktuellen Erklärung an den Kriegskurs der Grünen und der NATO angebiedert:

So haben die Forscher Forderungen aus der Friedensbewegung nach einem Ende der militärischen Hilfe für die Ukraine „als gefährlich und kontraproduktiv zurückgewiesen“, wie etwa der „Tagesspiegel“ berichtet. Ein Einstellen der militärischen Unterstützung der Ukraine zugunsten von sofortigen Friedensverhandlungen, wie es in Offenen Briefen, Manifesten und auch auf Demonstrationen gefordert werde, „wird nach unserem jetzigen Wissensstand keinen nachhaltigen Frieden bringen“, sagte laut dem Bericht die Chefin der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), Nicole Deitelhoff, am Montag bei der Vorstellung des Friedensgutachtens 2023 – das Gutachten wurde von der HSFK, dem Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen, dem Bonn International Centre for Conflict Studies (BICC) und dem Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg erarbeitet.

„Friedensforscher“ trommeln gegen Friedensverhandlungen

Die verwendete Sprache von beteiligten Wissenschaftlern könnte streckenweise einem ukrainischen Propagandakanal entnommen sein: Ein Stopp der Waffenhilfe werde eine militärische Niederlage der Ukraine und voraussichtlich deren Zerschlagung nach sich ziehen, „einhergehend mit einer Besatzungspraxis von Folter, Verschleppung, sexueller Gewalt und gezielten Tötungen“, sagte Deitelhoff weiter. Zudem sei zu befürchten, „dass Russlands Expansionsdrang damit nicht abnehmen“, sondern „eher zunehmen wird“. Fazit der Institutschefin: „Dies würde die Sicherheitslage für ganz Europa weiter verschlechtern“. Gegenwärtig seien Friedensverhandlungen daher „weder für die Ukraine noch für Europa eine realistische Option“.

Diese „Analyse“ ist inakzeptabel und sie muss scharf zurückgewiesen werden. Sie ist geeignet, den Krieg unnötig zu verlängern und sie fügt sich nahtlos ein in die Meinungsmache von NATO, Journalisten und Bundesregierung.

Selbstverständlich liefern die „Friedensforscher“ trotzdem „diplomatische“ Lippenbekenntnisse: Ungeachtet ihrer Einschätzung forderten die vier Institute die Bundesregierung auf, Vermittlungs- oder Verhandlungsinitiativen „bereits jetzt vorzubereiten“. Dabei gehe es darum, Staaten und Persönlichkeiten in einer internationalen Kontaktgruppe zusammenzuführen, gemeinsam mit anderen Regierungen mögliche Verhandlungsgegenstände zu skizzieren und Lösungsansätze zu diskutieren. Dabei sei es geboten, Initiativen aus nicht-westlichen Staaten, etwa aus China oder Brasilien, einzubinden, soweit das möglich sei. Unverbindlicher kann man das kaum formulieren. Natürlich fordern die Autoren des Gutachtens auch: „Ein neuerlicher Rüstungswettlauf muss verhindert werden.“

Durchhalteparolen für eine grundfalsche Politik

Die zentrale fatalistische Botschaft aber bleibt: „Kein Frieden in Sicht“, man muss sich also (von mir zugespitzt) gar nicht erst darum bemühen. Indirekt klingt bei den „Friedensforschern“ auch die Losung vom „enger geschnallten Gürtel“ der Bürger an, denn die „immensen Ressourcen“, die für die Verlängerung des Krieges nötig sind, müssen ja irgendjemandem weggenommen werden: Die Institute forderten laut Medien die Bundesregierung zu einer lang anhaltenden Unterstützung der Ukraine auf. Es sei „in naher Zukunft kein Frieden in Sicht“, sagte Deitelhoff. Der Krieg in der Ukraine werde Deutschland, Europa und die Welt „noch sehr lange begleiten“. Deutschland müsse die Ukraine zusammen mit den westlichen Partnern militärisch, ökonomisch und politisch „weiter nach Kräften unterstützen“. Dies werde vermutlich auf sehr lange Zeit notwendig sein und „immense Ressourcen“ erfordern.

Die Unterwerfung der „Friedensforscher“ unter das dominante militaristische und kriegsverlängernde „Narrativ“ kennt keine Grenzen, so wird von ihnen auch einer „enge(n) Partnerschaft“ der Ukraine „mit der NATO bei der Ausrüstung und Ausbildung von Soldaten“ das Wort geredet. Immerhin: Eine Aufnahme der Ukraine in die NATO sei aber in naher Zukunft „nicht sehr plausibel“. Das jedoch nicht etwa, weil so eine Mitgliedschaft eine Reihe brandgefährlicher Folgen für Europa haben könnte, sondern weil im Fall von NATO-Beitrittsbemühungen der Ukraine eine ähnliche „Hängepartie“ wie im Fall Schweden drohe.

Dieses Papier der „Friedensforscher“ ist keine Analyse – es ist eine Durchhalteparole für eine grundfalsche Politik.

Die NachDenkSeiten haben sich in zahlreichen Artikeln mit der tragischen und unmoralischen Verhinderung der Diplomatie befasst, eine Auswahl finden Sie unter diesem Text.

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Titelbild: homner9op / Shutterstock